Galerie
Kim Reuter
Da wo ich bin
Kim Reuter hat auf eine interessante Art die Oberfläche der Realität verlassen und sich auf einen Weg in eine Innerlichkeit begeben – so lautet meine These. Ausgehend von einem nahezu perfekten Fotorealismus führt ihr Weg also in eine „realistische Abstraktion“ weiter – falls das möglich ist. Bezeichnen möchte ich diese Bewegung mit Verinnerlichung.
Die „objektive“ oder foto-realistische Wirklichkeit schwindet zugunsten einer nahezu buddhistischen Bescheidenheit. Das Besondere daran ist, dass der Betrachter das vermeintlich Fehlende nun innerhalb des Betrachtungsprozesses unwillkürlich ergänzt. So sind die Gemälde von Kim Reuter nicht unfertig, im Gegenteil, sie werden auf der individuellen Betrachterebene erst recht lebendig.
Auch auf der Ebene der dargestellten Sujets fällt die abnehmende externe Vibration auf. Die Figuren sind entweder einzeln oder allenfalls als Kleingruppe zu sehen und immer eingefroren in einer recht alltäglichen Situation.
Eingebettet in einen eher angedeuteten, vielleicht - besser ausgedrückt - einen sich auflösenden, grundsätzlich hellen Raum, herrscht auch hier karmische Stille, durch die der Betrachter mit seinen Augen nach Anknüpfungspunkten zu „horchen“ beginnt. Erzählt uns Kim Reuter eine Geschichte? Vielleicht tut sie das, aber diese Geschichte klingt in jedem von uns anders. Diese Geschichte wird von der Leinwand hinaus in den Betrachter ausgelagert.
Und ein bisschen geheimnisvoll wird das Ganze, wenn wir uns daran erinnern, wie in der Zeit der Pandemie gewisse Geschichten sich ja auch ausgelagert d.h. verselbstständigt haben. Jeder von uns, vereinzelt zuhause, jeder versorgt mit den gleichen Informationen, machte plötzlich seine eigene Geschichte daraus.
Wahrscheinlich geht diese Interpretation von Kim Reuters Bildern zu weit. Aber ich glaube, es zeichnet diese Bilder – gemalt eben in dieser bemerkenswerten Zeit der letzten zweieinhalb Jahren - aus, dass sie solche Gedanken wenigstens einschließen und damit zeigen, wie aktuell diese Gemälde aufgeladen, wie zeitgeisty sie doch verstanden werden können. […] (M. Hassenpflug, 10.06.2022)